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Aussage gegen Aussage

07. Ratgeber

Aussage gegen Aussage

Eine Aussage gegen Aussage Konstellation liegt im Strafrecht vor, wenn Opfer und Angeklagter gegensätzlich aussagen. Also wenn zwei unterschiedliche Ansichten zu einem Tatvorwurf vorliegen. Auffällig ist eine Aussage gegen Aussage Situation bei Sexualdelikten. Die Anzahl der Beschuldigungen sind deutlich gestiegen, die Anzahl der Verurteilungen stagniert aber weiterhin. Die Gründe liegen hier klar bei der Verschärfung des Sexualstrafrechts Ende 2016, die es leichter macht Personen zu beschuldigen ohne das konkrete Beweise vorliegen. Aussage gegen Aussage Situationen kommen aber auch bei anderen Tatvorwürfen vor, die mit Sexualdelikten nichts zu tun haben. Was tun also, wenn es vor Gericht zu einer Aussage gegen Aussage Situation kommt?

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Was bedeutet das genau und was kann man tun?

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Die ständige Rechtsprechung stellt generell besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung, wenn die Konstellation „Aussage gegen Aussage“ vorliegt. Diese Anforderungen wurden in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.03.2012 (2 StR 565/11) durch den zweiten Strafsenat wie folgt zusammengefasst:

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„Die Rechtsprechung stellt besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung in Konstellationen, in denen „Aussage gegen Aussage“ steht (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 158 f.). Erforderlich sind insbesondere eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage (BGH, Beschluss vom 21. April 2005 – 4 StR 89/05), eine Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2003 – 4 StR 73/03), sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben.“

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Mit Urteil vom 10.10.2012 (5 StR 316/12) bestätigt der BGH die von ihm selbst aufgestellten Maximen mit anderen Worten:

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„Steht Aussage gegen Aussage, muss das Tatgericht die Aussagen des einzigen Belastungszeugen einer besonderen Glaubwürdigkeitsprüfung unterziehen. Dies gilt insbesondere, wenn der einzige Belastungszeuge in der Hauptverhandlung seine Vorwürfe ganz oder teilweise nicht mehr aufrechterhält oder der anfänglichen Schilderung weiterer Taten nicht gefolgt wird. Zu berücksichtigen ist, dass dem Angeklagten in dieser Konstellation nur eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeiten eröffnet sind.“

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Desweiteren wird ausgeführt, dass der der Richter unter Beachtung des § 261 StPO von der sogenannten Nullhypothese auszugehen hat. Der BGH hat in seinem Grundsatzurteil ausgeführt, dass zu den Kriterien für eine aussagepsychologische Begutachtung zu beachten sind:

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„Das methodische Grundprinzip besteht darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der Sachverständige nimmt daher bei der Begutachtung zunächst an, die Aussage sei unwahr (sog. Nullhypothese). Zur Prüfung dieser Annahme hat er weitere Hypothesen zu bilden. Ergibt seine Prüfstrategie, daß die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt dann die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt.“

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Wie jetzt schon zu erkennen ist, liegen theoretisch genug Ansatzpunkte vor, wie ein Richter und Staatsanwalt bei einer Aussage gegen Aussage Situation zu handeln hat. Doch in der Praxis passiert dies keineswegs genau nach der oben genannten Definition. Zu viele weitere Faktoren können einen Richter und Staatsanwalt zu einer anderen Entscheidung als Freispruch bzw. Verfahrenseinstellung kommen lassen. Nach deutschem Recht kann auch bei Aussage gegen Aussage verurteilt werde. Deshalb ist in diesen Fällen die fachliche Kompetenz, Fingerspitzengefühl und strategisches Können Ihres Anwalts vor Gericht umso wichtiger, damit Sie als Beschuldigter in so einer Situation erfolgreich vertreten werden und nicht rechtskräftig verurteilt werden.

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